Lange Zeit waren die Grünen das Hauptfeindbild für die AfD. Doch seit dem Bruch der Ampelkoalition im November 2024 kritisieren AfD-Accounts in den sozialen Medien am meisten die CDU und ihren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz.
Diese Verschiebung wird anhand von X-Beiträgen führender AfD-Bundestagsmitglieder deutlich. Von Beginn 2024 bis zum Bruch der Ampelkoalition erwähnten diese Accounts die Grünen und ihren Kanzlerkandidaten Robert Habeck öfters als alle anderen Parteien, ungefähr 1.370 mal. Die CDU und Friedrich Merz wurden in ungefähr 1.110 X-Beiträgen erwähnt, die SPD und Olaf Scholz ungefähr 930 mal und die FDP und ihr Spitzenkandidat Christian Lindner ungefähr 340 mal.
Doch im Zeitraum zwischen dem Bruch der Ampelregierung bis Mitte Januar erwähnten die untersuchten AfD-Accounts die CDU insgesamt 624 mal und die Grünen 459 mal (SPD: 343, FDP: 138).
Auch werden CDU und die Grünen regelmäßig zusammen erwähnt. Von Januar 2024 bis zum Ampel-Aus veröffentlichten die AfD-Accounts 275 Tweets, in denen beide Parteien thematisiert wurden und ab dem Bruch bis zum 15.01.2025 gab es 171 solcher Tweets.
Allein der X-Account von AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel veröffentlichte seit dem Bruch der Ampelkoalition bis zum 15. Januar 2025 insgesamt 62 Tweets, in denen sie die CDU oder Merz aufgriff, und nur 29 Tweets, die die Grünen oder Robert Habeck behandelten – und nur 15 dieser Tweets zu den Grünen enthielten keine Verweise auf die CDU oder Merz.
Die Tweets von AfD-Accounts über die CDU oder die Grünen sind fast ausschließlich kritisierend bis feindselig. So wird in solchen Tweets behauptet, die CDU kopiere nur AfD-Forderungen (ohne den Willen zu haben, diese dann auch durchzusetzen), die CDU kapituliere vor Gewalt durch Migranten, sie wolle die Meinungsfreiheit zensieren, sie missachte mit dem Aufrechthalten der Brandmauer zur AfD den Wählerwillen und den angeblichen Wunsch nach einer blau-schwarzen Koalition, und außerdem würden die Orte und Länder verkommen, in denen die CDU aktuell regiert.
Besonders häufig wird betont, dass eine Wahlstimme für die CDU eigentlich eine Stimme für die Grünen sei, weil nach der Wahl ein Koalition zu befürchten sei, und Merz wird als „Steigbügelhalter der Grünen“ bezeichnet. Solche Aussagen werden oftmals nicht weiter erklärt – AfD-Politiker:innen gehen offensichtlich davon aus, dass ihre Basis die Grünen schon als Feindbild verinnerlicht hat. Schon die Unterstellung einer Verbindung zu den Grünen soll ausreichen, um die CDU zu verunglimpfen.
Für den Bundestagswahlkampf 2025 ist davon auszugehen, dass die AfD weiterhin hauptsächlich die CDU kritisieren wird. Friedrich Merz und andere CDU-Politiker:innen werden in den kommenden Wochen wahrscheinlich zunehmend Anfeindungen ausgesetzt werden. Bereits am 15. Januar 2025 wurde der CDU-Bundestagskandidat Dietmar Link beim Aufhängen von Plakaten mit einem Gegenstand beworfen und leicht verletzt.